Tourenbericht zur Anbringung der Gedenktafel für Elisa und Sascha

Zwischen Innsbruck und dem Brenner liegt im Valser-Tal das gleichnamige idyllische Örtchen Vals, was das Anfahrtsziel unserer Tour darstellt. Wir starten in Weimar pünktlich 6:00 Uhr am Morgen des Samstags (06.09.2025). Durch hohes Verkehrsaufkommen, Staus, Baustellen und Umwege können wir erst gegen 15:00 Uhr vom Parkplatz der Touristenrast im Valser-Tal starten – deutlich später als ursprünglich vorgesehen. Knapp 8 km und zirka 1.000 hm liegen vor uns. Die Rücksäcke sind prall gefüllt und schwer. Hochtouren- und Kletterausrüstung, sowie die Gedenktafel aus Bronze und der Akku-Bohrhammer bringen die Rucksäcke auf zirka 25 bis gute 30 kg.

Wir gehen langsam bergauf. Die Sonne meint es gut mit uns und begleitet uns nahezu die gesamte Strecke bis zur Hütte und die letzten Höhenmeter gehen wir in rötlicher Abenddämmerung. Wir kommen spät und auch geschafft auf der Hütte an und sind die letzten eintreffenden Wanderer dieses Abends. Die Wirtsleute begrüßen uns vorerst nur kurz, da in der Hütte die Abendbrotszeit bereits fortgeschritten ist. Nach getaner Arbeit in der Küche gesellt sich der Hüttenwirt, Arthur Lanthaler, dann offenherzig zu uns.

Arthur kann, wie wir auch, das Geschehene noch immer nicht recht glauben. Elisa und Sascha kannten die Wirtsleute zwar nur die zwei Tage ihres Aufenthalts in der Geraer Hütte, mochten die beiden aber sehr. Sportsbegeistert, aufgeschlossen und glücklich wirkend beschrieb er uns seine Wahrnehmung der Zwei. Arthur ist sichtlich beeindruckt, dass wir bereits jetzt eine Tafel anbringen wollen und ihm gefällt diese sehr gut.

Dann berichtet er uns seine Sicht von der Zeit Ende Juni. Elisa und Sascha kamen am Samstag aus Innsbruck vom Weltcup anschauen an und erstiegen am Sonntag den Olperer. Dieser ist höher und auch etwas weiter von der Geraer Hütte entfernt als der Fußstein. Nach erfolgreichem Auf- und Abstieg kamen Elisa und Sascha verhältnismäßig früh zurück vom Berg in die Hütte und Arthur frug, warum sie runterwärts rannten. „Es macht einfach Spaß“ war die Antwort.

Am Abend erkundigte sich Elisa bei ihm über das Wetter. Ein Wetterumschwung war zu erwarten, sollte die Zillertaler Alpen aber erst am Abend des 30.09. erreichen und damit Touren an dem Tag nicht großartig beeinflussen. So verließen sie die Hütte am Morgen gegen 6:00 Uhr in Richtung des Hüttengrates (1200 Hm, 9h, Diff. 4 UIAA). Die Tour sollten die beiden in den zu erwartenden neun Stunden gut schaffen und damit rechtzeitig wieder in der Hütte sein. Arthur fuhr an dem Morgen ins Tal zum Einkaufen und war erst zum späteren Vormittag wieder auf der Hütte. Mit seinem Fernglas beobachtet er häufig die Bergsteiger auf ihren Wegen, insbesondere auf dem Hüttengrat, welcher sehr gut einsehbar ist. Mit Erstaunen konnte er mittags niemanden auf dem Hüttengrat entdecken. Vielleicht haben es sich Elisa und Sascha anders überlegt, eine andere Tour gemacht oder liegen einfach in der Sonne, waren seine Gedanken.

Der Hüttenbetrieb war am Abend dieses Tages schon vorbei, als der Anruf von Elisas Mutter kam. Sie mache sich große Sorgen, da sie keinen Kontakt zu ihrer Tochter habe. Keine Fotos – keine Nachricht – kein Erreichen. Wer Elisa kennt weiß, dass das untypisch für sie ist. Die Hüttenwirtin hatte keine Information, wo sich die zwei Vermissten aufhalten könnten und weckte daher nochmals ihren Mann Arthur, welcher allerdings auch unwissend war. Inzwischen war das Unwetter da und so blieb nur in den benachbarten Hütten anzurufen. Eine Suche war unmöglich. Nirgends waren die beiden eingekehrt. Nach Kontaktaufnahme zur Polizei bekamen Elisas Eltern mitgeteilt, dass auch das Auto der zwei noch im Tale stände, mit dem sie eigentlich zu der Zeit auf dem Rückweg nach Hause sein wollten. Am Folgetag startete daraufhin die Bergwacht mit der Suche. Ein früherer Beginn war wegen der Dunkelheit und des Unwetters unmöglich.

Der eine Helikopter kam von Erdrutschen aus dem Nachbartal geflogen und musste daher kurz nach dem Suchbeginn abdrehen zum Tanken. Inzwischen kam auch die Alpinpolizei auf der Hütte an und flog mit einem zweiten Helikopter aus Salzburg zur Suche. Alle Täler, Grate und Wände wurden abgesucht, ob es irgendwo ein Lebenszeichen oder Hinweise gab. Nach Tipps des Hüttenwirtes Arthur wurde die Suche auf die Nordwand des Fußsteines konzentriert, da er sich nur dort einen Unfall realistisch vorstellen konnte. Hier wurde daraufhin auch eine Drohne mit Wärmebild eingesetzt und nur unter grenzwertigen Flugmanövern konnte damit ein rotes Seil entdeckt werden. Der Helikopter suchte deswegen am gefundenen Ort intensiver und fand die verunfallte Seilschaft am Fuße der Nordwand.

In der Gaststube trat Stille ein. Von uns kam kein Wort, keine Frage.

 

Arthur schilderte weiter, dass die Bergwacht anschließend zurück ins Tal abzog. Ab hier war nur noch die Polizei im Einsatz. Die exakte Fundstelle konnte uns Arthur nicht nennen. Lediglich das sich im Seil wohl ein mobiles Sicherungsgerät befand, welches beim Sturz herausgerissen wurde. Weitere Details werden dann im Polizeibericht stehen, auf den aktuell noch zu warten ist.

Georg, Christoph und ich danken Arthur aufrichtig für das Gespräch. Er ist Hüttenwirt seit nunmehr 40 Jahren und hat viele Schicksale miterleben müssen – sichtlich betroffen wirkt bei diesem Unfall auch er dennoch.

Wir starten am kommenden Tag in verschiedene Richtungen. Der Hüttenwirt riet uns ab, den Hüttengrat anzugehen. Es wäre zu viel Schnee am Berg, insbesondere an den Standplätzen. Christoph macht sich daher auf den Weg ins Tal, um Höhenmeter zu sammeln und vor allem aber meine Drohne aus dem Auto zu holen. Diese war aus Gewichts- und Platzgründen am Vortag im Tal geblieben. Unsere Steigeisen und Eispickel nimmt er bereits mit hinunter, um das Gewicht der Rucksäcke beim tatsächlichen Abstieg am Folgetag zu verringern.

Georg und ich machen uns auf den Weg Richtung Hüttengrat und sondieren die Lage. Wir gehen den Zustiegsweg bis zum Blick in die Alpeinerscharte und können somit den Hüttengrat von näherem betrachten. Auf dem Rückweg binden wir einen kleinen Blumenstrauß für Elisa und Sascha.

Nach dem Zusammentreffen von uns Dreien wieder an der Geraer Hütte und einer herzhaften Mahlzeit, gingen wir gemeinsam zu dem Felsblock am Abzweig des Wanderweges und Einstieg des Hüttengrates. Mittels vier Gewindestiften und 2K-Kleber bringen wir die Gedenktafel an, wo wir und auch der Hüttenwirt es am schönsten fanden. Der Ort ist für jeden Wanderer gut erreichbar und für jeden Bergsteiger auf dem Weg zum Hüttengrat ein markanter Punkt, an welchem die Gedenktafel zum Anhalten und Innehalten anregt. Blickend auf endlose Sonnenuntergänge ist die Tafel westseitig talwärts angebracht und dank eines leichten Überhangs vor Wind und Wetter geschützt.

Die Jungs werden still und jeder von uns möchte für einen Moment allein sein.

Nun geht es zur vermeintlichen Fundstelle. Dazu müssen wir etwas absteigen, um anschließend über Felsblöcke und Schutt an die steile Nordwand wieder aufzusteigen. Am Fuß der Nordwand wird uns klar, warum die Suche so schwierig und langwierig war. Felsblöcke und grobes Gestein, welches von der Nordwand abbrach, bedecken den Boden. Es ist sehr unübersichtlich und wir als Menschen ziemlich klein. Auf einem der vielen Felsbrocken mit sicherlich 10 m2 ebener Oberfläche starte ich die Drohne und fliege sie hoch zum Einstieg des Hüttengrates. Wir sind von den Dimensionen stark beeindruckt. Entdecken können wir allerdings keine Spuren mehr und machen uns auf den Weg zurück.

Mit Arthur sprechen wir über unseren Tag, das Anbringen der Tafel und unsere Gedanken.

Am nächsten Morgen geht es dann wieder zurück ins Tal. Auf dem Rückweg ziehen wir, für uns, ein Resümee über die Ursachen des Unglücks und was wir berichten können.

Elisa und Sascha hatten als Triathleten eine sehr gute Kondition. Sie waren gut ausgerüstet, hatten sich akklimatisiert und haben sich auch beim Hüttenwirt zur Route und des Wetters erkundigt. Durch den frühen Start am Morgen sollte auch die Zeit kein Problem werden.

Den Einstieg auf den Hüttengrat fanden die Beiden scheinbar ohne Umwege oder Verzögerungen, trotz des etwas unübersichtlichen Weges zum und am Grat entlang.

Ab dem Zeitpunkt der notwendigen Sicherung gingen sie am Seil und legten auch Zwischensicherungen. Leider hielten diese den geschehenen Sturz nicht auf und es kam zum Totalabsturz der Seilschaft. Da das Gelände sehr kompakt und steil ist, konnte sich das Seil nirgends verfangen und somit eine mögliche Rettung sein.

Alles weitere bleibt verborgen und wird eventuell durch den Polizeibericht mit weiteren Details aufgehellt.

Die Traurigkeit bleibt, wie auch die Erinnerung an die Menschen und Ihre glücklichen Stunden.

Wir wünschen den Angehörigen weiterhin viel Kraft für die Zukunft.

 

Mit bergsportlichen Grüßen – Christoph, Georg und Frank

Zur Finanzierung der Gedenktafel hoffen wir auf Unterstützung - Spenden sind äußerst herzlich willkommen.

Empfänger: DAV Weimar

IBAN: DE07 8205 1000 0301 0034 24

Verwendungszweck: Gedenktafel für Elisa und Sascha